Zeitrelais ohne Standby-Verbrauch

Achtung! Disclaimer:

Netzspannung ist gefährlich und macht klein, schwarz und hässlich. Also Vorsicht! Experimente nur am Trenntrafo durchführen. Und wenn euch die Bude abfackelt, bezahlt das keine Versicherung. Und ich auch nicht. Ihr seid gewarnt.

Die Zirkulationspumpe. Ein Luxus-Gegenstand über den sich trefflich streiten lässt. Ich will mich hier aber nicht mehr über bereits gelegte Eier aufregen, denn das Ding ist nunmal schon vorhanden. Und schlechter als eine Zirkulationspumpe an sich ist nur eine vorhandene, aber nicht genutzte Warmwasser-Ringleitung. Dann hat man nämlich effektiv den doppelten Rohrquerschnitt und entsprechend noch mehr kaltes Wasser, das man ablaufen lässt bevor es warm wird.
Also eine Zirkulationspumpe. Gibt ja mehrere Möglichkeiten, so ein Ding zu betreiben. Die einfachste ist es sicherlich, die Pumpe 24/7 laufen zu lassen. Dann gibt's auch immer warmes Wasser. Und auch immer warmes Kaltwasser, da die beiden Rohre in der Regel nebeneinander liegen und lediglich das Warmwasser-Rohr mit ein paar Zentimetern Schaumstoff isoliert ist. Ich hab' das im Sommer mal spaßeshalber ausprobiert, um die überschüssigen 80 Grad plus von der Solarthermie aus dem Speicher zu bekommen - also die Zirkulationspumpe einen Tag lang von morgens bis abends laufen lassen. War nicht schön. Schlechte Idee also. Außerdem muss ja ständig der Warmwasserspeicher nachgeladen werden. Wenn das im Sommer nicht die Solarthermie erledigt, verballert das auch noch reichlich unnötig Energie.
Die nächste einfache Möglichkeit ist es, die Pumpe an die Heizung mit anzuschließen und über ein Zeitprogramm laufen zu lassen. So hatte ich das zum Beispiel vorher gelöst. Eingestellt war dann von Montag bis Freitag einmal morgens nach dem Aufstehen für 2 Minuten. Das spart im Vergleich eine Menge Energie, ist aber auch so flexibel wie ein Stahlträger. Einmal morgens 'ne halbe Stunde später aufgestanden, und das Wasser ist schon wieder abgekühlt. Dafür könnte man natürlich auch ein zweites Intervall programmieren, aber jeden Tag den man pünktlich aufsteht, ist das dann wieder Verschwendung... Dann gibt es natürlich die sophisticateden High-Tech-Lösungen. Man kann das Ding garantiert auch per App bedienen, die die Pumpe morgens anschmeißt, wenn der Sleep Tracker festgestellt hat, dass man soeben erwacht ist. Oder auch per Bewegungsmelder, wenn man mehrere Leute im Haus ist und einer davon ins Bad geht. Dann gibt's sogar warmes Wasser zum Hände waschen, wenn man nur auf die Toilette geht. Oder, was ich mir auch schon hätte bauen wollen, ein Zirkomat. Der schmeißt dann die Pumpe an, wenn man an einem beliebigen Wasserhahn nur einmal kurz das Warmwasser aufdreht. Zu jeder Zeit, an jeder Zapfstelle. Sehr komfortabel also. Oder gleich eine selbstlernende Pumpe. Die merkt sich zu welchen Zeiten man üblicherweise warmes Wasser braucht, und springt dann immer schon rechtzeitig kurz vorher an. Yeah.
Alles toll und schön, aber all diese hoch-technisierten Lösungen haben wieder eins gemeinsam: Sie können leichter kaputt gehen, je mehr Technik dran ist, und: sie haben natürlich einen Standby-Verbrauch. Beides Dinge, die ich gerne vermeiden würde.
Also einfach die Pumpe über einen Schalter laufen lassen und nur bei Bedarf einschalten? Kann man natürlich vergessen auszuschalten. Und je nach gewünschtem Komfort braucht's eine Kreuzschaltung über mehrere Etagen, wenn man in jedem Raum mit Wasserhahn einen Schalter haben möchte. Dann doch lieber eine Tasterschaltung mit einem Zeitrelais. Kann aber auch kaputt gehen und verbraucht wieder Strom...

Na gut, einen Tod müssen wir sterben. Da der Artikel das Zeitrelais schon im Titel hat, ist klar worum es geht. Natürlich nicht um ein X-Beliebiges Zeitrelais von der Stange. Hatte neulich mal eins von Eltako vor der Nase, so einen kleinen blauen Puck, den man in einer Unterputzdose verschwinden lassen kann. Das Teil war kaputt, also habe ich da mal reingeguckt. War schon lustig zu sehen, wie die das realisiert haben. Ein 4.5V-Relais, über eine Diode und einen Widerstand (ja richtig, keinen Kondensator) direkt an die Netzspannung, geschaltet über drei parallele GPIO's von einem PIC. Der PIC war kaputt, also Elektroschrott das Dingens. Ist ja auch irgendwie gemein, wenn der kleine PIC direkt das Relais direkt bedienen muss und nicht mal mehr genug Geld für einen Extra-Transistor da war.

Ich habe gar nicht erst einen Mikrocontroller verwendet. Alleine durch so einen Kameraden wären die Tage des Zeitrelais schon gezählt. Der Flash-Speicher im Controller, der das ganze Programm enthält, hat nur eine begrenzte Lebensdauer. Der wird also nach einigen Jahren dement. Zugegeben, laut Datenblatt sind das gerne mal ein paar dutzend Jahre, aber wie bei so vielen Dingen im Leben gilt auch hier: it depends. Je nachdem wie warm der Kollege gehalten wird, verkürzt sich die Zeit schonmal etwas. Auch wenn bei jedem Schaltvorgang der aktuelle Zustand abgespeichert wird, frisst man sich schnell durch die Schreibzyklen des EEPROMs. Was der Controller dann letztlich macht, wenn lediglich das EEPROM korrupt ist und der Flash-Speicher noch gut, sieht man meist auch erst wenn es soweit ist.

Also lieber gute, alte, konventionelle Technik für so eine einfache Aufgabe. Mein erster Gedanke war: 555. Wäre super gegangen, geht aber sogar noch einfacher. Soll ja auch nicht zu groß werden das Ganze. Und was nicht dran ist, kann auch nicht kaputt gehen. Der 555 hat eine maximale Betriebsspannung von 18V, also ist man dadurch schon wieder limitiert auf ein 12V-System. Ich wollte aber lieber ein 48V-Relais verwenden, damit der Spannungsabfall von 230V runter nicht so groß ist. Also habe ich mich für diese Schaltung entschieden:

Die Schaltung

C1 ist schon fast das ganze Netzteil. Der Kondensator bildet mit dem Spulenwiderstand des Relais einen kapazitiven Spannungsteiler. Der Wert ist nicht kritisch und variiert ein bisschen mit der aktuellen Netzspannung und dem verwendeten Relais. Mein Relais hat einen Spulenwiderstand von etwa 6 Kiloohm, was mit 100nF zusammen ganz gut harmoniert. Die genaue Spannung am Relais ist unkritisch, damit brauchen wir auch keine Z-Diode oder anderweitige Spannungsstabilisierung. Gerade bei einem 48V-Relais kommt es auf 5V mehr oder weniger nicht an. Ich habe als C1 zwei 220nF in Reihe verwendet, also effektiv 110nF. Das ergibt dann etwa 38V am Relais. Grund war einfach, dass das zwei X2-Kondensatoren waren, die ich aus einem alten Netzteil recyclen konnte. Weiterer kleiner Vorteil ist, dass jetzt jeder Kondensator nur etwa die halbe Betriebsspannung aushalten muss und somit nicht auf Kante läuft. R2 ist im Wert ebenfalls unkritisch und dient nur der Strombegrenzung, um den Gleichrichter zu schonen. 100 bis 470 Ohm würde ich als guten Bereich ansehen. Als nicht brennbarer Sicherungswiderstand übernimmt er auch gleich die Funktion als Sicherung. C2 ist der klassische Sieb-Elko und ebenfalls unkritisch. Der soll eigentlich nur verhindern, dass das Relais anfängt zu brummen. Ich habe einen 4,7uF mit 450V aus besagtem Spender-Netzteil genommen. Theoretisch hätte ich vermutlich 10uF/63V verwendet. Noch höhere Kapazitäten machen keinen Sinn, höhere Spannungsfestigkeit ist immer sinnvoll (aber natürlich physikalisch größer).
Q1 ist ein einfacher N-Kanal-MOSFET. Ich habe auch hier wieder den 500V-Typen im isolierten TO-220-Gehäuse aus dem Spender-Netzteil verwendet, einfach weil er gerade zur Hand war. Da die Spannung am Relais theoretisch nicht höher als ca. 50V werden sollte, müsste ein simpler kleiner BSS123 in SMD oder BS170 im TO-92 genau so gut gehen. Wiedermal sind die einzelnen Werte nicht kritisch. Ein RDS-On von 6 Ohm sind kein Problem, der FET soll lediglich die Relais-Spule soweit kurzschließen, dass das Relais abfällt. Schnell muss er auch nicht sein. Eine niedrige Schwellenspannung braucht er auch nicht. Eher im Gegenteil - Je höher die Schwellenspannung des FETs ist, desto kleiner kann der Elko CT nachher ausfallen. Mit CT, RT und besagter Schwellenspannung des FETs bestimmen wir nämlich letzlich, wie lange das Relais angezogen bleibt.
Damit erklärt sich auch schon die Funktion der ganzen Schaltung: CT wird über RT langsam geladen, bis die Gate-Schwellenspannung erreicht ist und der FET durchsteuert. Der schließt dann das Relais kurz, der Anker fällt ab und die gesamte Schaltung sowie der Verbraucher (also die Zirkulationspumpe) sind wieder stromlos. Die Diode D1 sorgt in diesem Moment dafür, dass CT wieder möglichst schnell entladen wird (zumindest bis runter auf die Durchlassspannung von D1), damit man das Intervall wieder neu starten kann. Eine 1N4148 mit ihren 0.6V tut's hier auch, aber eine Schottky-Diode wie z.B. die BAT54 hat eine etwas niedrigere Durchlassspannung. RT und CT stammen mit den angegebenen Werten von 4.7 Meg und 330uF natürlich ebenfalls aus dem Spender-Netzteil und ergeben bei mir eine Schaltzeit von knapp drei Minuten. Das ist leicht genug um warmes Wasser an jede Zapfstelle zu befördern. Hier ist natürlich etwas Experimentieren angesagt. Ein durchaus gravierender Nachteil gegenüber einer Mikroprozessorlösung mit einem einfachen Drehpoti, aber hey... pick your poison.
Falls ihr euch schon gewundert habt: Das tolle an Kondensatornetzteilen ist, dass die grundsätzlich kurzschlussfest sind. Macht ja auch Sinn: Wenn das Relais kurzgeschlossen ist, liegt der Kondensator C1 quasi alleine an der Netzspannung und kann nix mehr ausrichten.

Die Verschaltung

Angeschlossen wird das Ganze dann wie hier abgebildet. Phase und Nullleiter werden direkt angeklemmt. Bleibt dann noch die Aktor-Leitung, die den Verbraucher später gegen Phase schaltet. Also wird der Verbraucher zwischen Aktor-Leitung und Nullleiter geklemmt. Der Taster, der später das Zeitrelais aktiviert, wird zwischen Phase und Aktor-Leitung geklemmt, also direkt parallel zum Relaiskontakt.
Wenn man nun den Taster betätigt, aktiviert dieser sowohl den Verbraucher, als auch unser Zeitrelais. Nach ein paar Millisekunden schaltet dann das Relais durch und hält somit quasi den Taster für uns gedrückt. Daraus ergibt sich dann auch zwangsläufig, dass man hier nicht wie bei vielen anderen Zeitrelais noch mal ''nachtasten'' kann um die Zeit zu verlängern. Weiteres Taster drücken hat einfach keine Funktion.
Wenn die Zeit abgelaufen ist und das Relais abfällt, schaltet es den Verbraucher und auch sich selbst ab -- kein Standby-Verbrauch!

Eine Platine braucht's für die paar Teile nicht.

 

Passt trotzdem locker in eine 68er Dose, hinter den Taster.